Legendärer Austria-Sekretär von 1956 bis 1983. Lopper war als Brigittenauer eigentlich Admira-Fan. Entdeckte die Liebe zur Austria als 16jähriger als Schlachtenbummler zu einem Mitropacupspiel 1936 nach Budapest (Dosza Ujpest). Im Krieg spielte er u.a. bei Maccabi Brüssel. Nach dem Krieg sind Wiener Klubs nach Belgien gekommen und so hatte er wieder Kontakt zum österreichischen Fußball bekommen. Er sollte sich auf Bitte von Manager Ukraincik um die Österreichischen Klubs kümmern. Damit hatte seine Tätigkeit im Fußball begonnen.
1952 ist er dann nach Wien zurückgekehrt und gründete 1954 mit einigen Anhängern den Austria Anhängerklub, dem er auch ehrenamtlich als Präsident vorstand. 1956 wurde auf Wunsch der Austria der Anhängerklub in den Stammklub integriert. Der Anhängerklub unterstützte die Austria damals finanziell und war auch Sponsor. Unter Präsident Dr. Eckerl wurde Lopper 1956 zum Nachfolger des Austria Sekretärs Hierländer ernannt. Lopper hatte Spieler wie Papproth, Kunz, Morales und Martinez durch seine Kontakte zur Austria gelotst.
1983 ging Norbert Lopper in den wohlverdienten Ruhestand. Nachfolger auf seinem Posten wurden gleich zwei Personen: Sekretär Müller und Geschäftsstellenleiter Novotny.
Vereine als aktiver Spieler:
FC Sparta, SC Hakoah (Jugend und Reserve), Etoile, Maccabi Brüssel
Norbert Lopper im Ballesterer-Interview im Sommer 2007
»Wir haben Glück gehabt, so ein Glück.«
ZEITZEUGE Norbert Lopper war fast drei Jahrzehnte lang Klubsekretär der Wiener Austria und die rechte Hand des legendären Joschi Walter. Doch nur Wenige wissen von seinen schrecklichen Jugenderlebnissen, die gezeichnet waren von Flucht, Haft und Überleben im KZ. Philipp Glanner und Georg Spitaler erzählte er aus seinem Leben.
Fußball im Augarten
Norbert Lopper wurde als Kind jüdischer Eltern 1919 in Wien-Brigittenau geboren. Er verbrachte seine Jugend meistens im Grätzel und im Augarten. Dort kam er rasch mit dem Fußball in Berührung. Er spielte für Lokalvereine, wie den FC Sparta, bis er schließlich 1936 in die Jugendmannschaft des SC Hakoah wechselte, wo er ein Jahr später in der Reserve debütierte. Der junge Lopper spielte bei der zionistisch geprägten Hakoah und hatte ein Faible für die Austria – eine eher untypische Konstellation, die er unter anderem mit dem Schriftsteller Friedrich Torberg teilte: Zwar waren beide Vereine jüdisch geprägt, rivalisierten aber auch gerade deswegen miteinander. »Der Unterschied zur Austria lag in den jüdischen Spielern. Bei der Austria waren damals nur Funktionäre Juden«, erklärt Lopper.
Flucht vor den Nazis
1938 machte das Politikgeschehen einen Strich durch Loppers Fußballkarriere. Der Einmarsch der Deutschen in Österreich zwang ihn zur Flucht nach Brüssel. Dort spielte er zunächst für ein halbes Jahr bei dem Arbeiterverein Etoile (Stern). Er wechselte zu Maccabi Brüssel, die praktisch nur aus Flüchtlingen bestand, wie Lopper berichtet: »Da haben auch viele von Hakoah, Hasmonea und Makkabi gespielt. Wir waren in der normalen Liga, durften aber nicht aufsteigen, weil wir eine Emigrantenmannschaft waren.« 1940 floh er mit der Familie seiner Freundin Ruth nach Südfrankreich und wurde prompt in das Internierungslager St.Cyprien eingewiesen, da er als »feindlicher Ausländer« galt. Von dort gelang ihm die Flucht, und man entschloss sich zur Rückkehr in das besetzte Brüssel, da er das Ausmaß der Gefahr nicht richtig einschätzte. In Belgien feierte er Hochzeit mit seiner Freundin Ruth. Sie mussten zwar den Judenstern tragen, doch hatten sie Arbeit und ein geregeltes Leben, bis das junge Ehepaar eines Tages die Aufforderung erhielt sich am Gare du Nord einzufinden, von wo sie deportiert wurden.
KZ und Todesmarsch
Am 27. August 1942 erreichte der Zug das KZ Auschwitz. Im Konzentrationslager musste Lopper unter kargen Bedingungen zunächst im Tiefbaukommando schwere körperliche Arbeit verrichten. Durch Zufall kam er nach drei Monaten zu einem Aufräumkommando direkt an der Rampe. Er musste das Gepäck der Häftlinge sortieren und bekam dadurch genug zu essen und konnte überleben. Lopper erlebte hautnah mit, wie die Sonderkommandos die Menschen ins Gas führten. 1944 wurde sein Kommando aufgelöst und er kam durch Glück in das »Kartoffelkommando«, das vor dem Lagertor Kartoffeln und Rüben verladen musste. An seinem ersten Tag bemerkte er dort in einem ankommenden Transport aus Belgien seine Mutter. Er wusste dass die »nicht arbeitsfähigen« Insassen dieses Transports in die Gaskammern geführt wurden. Verzweifelt versuchte er seine Mutter freizubekommen. Er traf einen befreundeten Wiener, der der Kapo seines alten Kommandos war. Der Kapo kannte den SS-Mann, der die Transportliste der KZ-Häftlinge übernahm und schilderte diesem die Situation. Auf der Rampe nahm bereits der berüchtigte Dr. Mengele die Selektion vor. Seine Mutter musste sich in die Reihe der Frauen stellen, deren Tod vorbestimmt war, doch der SS-Mann befahl ihr hinter Mengeles Rücken sich auf die andere Seite zu stellen, die den Weg in das Lager und die Hoffnung auf ein Überleben bedeutete. Doch Loppers Vater, eine seiner zwei Schwestern, seine Frau und seine Schwiegereltern wurden im KZ ermordet.
Norbert Lopper, der im KZ schwer gefoltert wurde, kam im Jänner 1945 auf einen Todesmarsch nach Gleiwitz, danach in andere Lager in Deutschland. Als die alliierten Truppen näher rückten, wurden die Häftlinge in Waggons verfrachtet, die immer wieder unter Fliegerbeschuss gerieten. Lopper lag mit zwei Mithäftlingen unter einem Waggon, der jedoch keinen Schutz bot: »Auf einmal kamen Tiefflieger. Wir beschlossen loszurennen. Plötzlich spürte ich auf meinem Kopf einen Spritzer. Der eine wurde in den Rücken getroffen und der Andere in den Fuß. Ich bin schnell hinein in den Wald«, schildert Lopper die Flucht. Er wurde von der Wehrmacht aufgegriffen und ins KZ Mauthausen verlegt, wo er mit tausend Anderen im Mai 1945 von den Amerikanern befreit wurde.
Rückkehr nach Wien
Sein Weg führte ihn nun nach Paris, dann nach Brüssel. Hier kam er auch wieder in Kontakt mit dem Fußball. Für einen bekannten Spielermanager organisierte er die Gastspiele Wiener Teams: »Ich habe die Wacker, die Admira, die Vienna, die Austria und die Rapid betreut – all die ganzen Jahre bis 1952«. Dann folgte er seinen verbliebenen Familienangehörigen zurück nach Wien, wo er den ersten Anhängerklub der Austria mitbegründete: »Wir hatten ungefähr 200 Mitglieder, die auch immer die Spiele besuchten. Unter ihnen waren Prominente wie Friedrich Torberg, der Psychoanalytiker Friedrich Hacker, der Orchesterleiter Johannes Fehring oder auch der Schauspieler Attila Hörbiger. Wir haben Veranstaltungen gemacht und hatten unseren Sitz im Cafe Herrenhof«. 1956 wurde er zum Klubsekretär der Austria ernannt.
Legendärer Austria-Sekretär
Der Fußball wurde für Norbert Lopper zum Mittel, um die schrecklichen Erfahrungen der NS-Zeit zu verdrängen: »Wie ich zur Austria gekommen bin, war ich 15, 16 Jahre ganz alleine. Ich habe das ganze Sekretariat übernehmen müssen, ich musste die Spiele veranstalten, habe mich um die Spieler gekümmert. Ich habe Mannschaften und Spieler geholt. Ich war nur mit dem Fußball beschäftigt und hatte keine Zeit über die fürchterliche Vergangenheit nachzudenken.«
Als Manager der Austria war er hauptamtlich bis 1983 tätig. Er hatte großen Anteil an den sportlichen Erfolgen der Veilchen in diesen Jahren. Legendär sind einige Transfers, die er organisierte. Ausgestattet mit dem »Kicker«, »L’Equipe« und dem »Züricher Sport« hielt er sich über das internationale Geschäft am Laufenden. Von den Deutschen Horst Paproth und Günter Kuntz bis zu den Uruguayern Alberto MartÃnez und Julio Morales reicht die Liste der Spieler, die er zum Klub holte. Er erinnert sich: »Ich habe einen fußballbegeisterten Cousin in Montevideo gehabt. Wir haben einen guten Linksaußen und einen guten Mittelfeldspieler gesucht, da hat mir mein Cousin eine Presseaussendung geschickt, MartÃnez, ein Unter-21-Teamspieler, ist zu haben. Dann habe ich ihn und den Morales durch den Cousin kommen lassen«. Für insgesamt 69.000 Dollar wechselten die beiden Spieler nach Wien. Unter Norbert Lopper kamen auch der jetzige ÖFB-Teamchef Josef Hickersberger (Ablöse: ein gebrauchter VW-Bus) und Österreichs Jahrhundertfußballer Herbert Prohaska zu den Wiener Veilchen.
Auch im Fußball wurde Lopper immer wieder daran erinnert, dass in Wien der Antisemitismus nicht ausgestorben war, gerade wenn es gegen die »jüdische« Austria ging: »Es hat mich oft berührt, wenn es während den Spielen antisemitische Äußerungen gab. Über das bin ich aber hinweg gekommen.« Lopper ist heute einer der letzten Zeugen dieser alten Austria, zu deren wichtigsten Mitgestaltern er für viele Jahre zählte.